Für die Konzeption und Umsetzung der Dachbegrünung im Toni-Park beauftragte Lesser als Projektleiter einen erfahrenen Experten - Dr. Reinhard Witt, Biologe und naturnaher Grünplaner. Ihm stellten wir Detailfragen zum Projekt im Büro-Campus und zur Begrünung von Flachdächern im Allgemeinen:
Was sind die Voraussetzungen für ökologisch anspruchsvolle Begrünungen? Laut Auskunft von Dr. Witt sind Dächer bis zu einer Neigung von 45 Grad geeignet – ideal ist eine Neigung von bis zu fünf Grad. Damit das eingesetzte Substrat ausreichend Feuchtigkeit aufnehmen kann, ist für ein Biodiversitätsdach eine Schicht zwischen 12 bis 15 cm Dach-Intensivsubstrat erforderlich. Bestehende Kiesdächer oder Dächer mit Minimalsubstraten können im Rahmen von Modernisierungen nachträglich entsprechend begrünt werden – aus bautechnischer Sicht ist dabei sicherzustellen, dass die Statik des Gebäudes die erhöhte Dachlast trägt.
Wie wird ein Dachbegrünungs-Projekt umgesetzt? In der Regel wird ein Dachdecker-Unternehmen beauftragt, das Substrat entsprechend des Konzepts des Grünplaners aufzubringen. Danach folgen die für das Dach vorgesehenen heimischen Wildpflanzen. Zum Einsatz kommen im Einzelnen Wildblumen-Samen, Blumenzwiebeln – auch Wildpflanzen-Stauden werden eingesetzt. Je mehr Arten dabei verwendet werden umso besser für das Biotop-System auf dem Dach. Von 100 zu Beginn gepflanzten Arten bleiben im Laufe der Zeit erfahrungsgemäß 45 bis 50 Arten übrig. Nach dem Prinzip der Evolution kommt es aufgrund der besonderen Standort-Bedingungen zu einem Ausleseprozess. Wird zu Beginn vielen Arten eine Chance gegeben, ist sichergestellt, dass sich auf dem Dach keine Monokultur entwickelt, sondern eine gesunde Artenvielfalt stabilisiert. Dr. Witt stellt einen weiteren Aspekt besonders heraus: „Die Bepflanzung kann auf diese Weise laufend ihr Gesicht verändern und sich selbständig an den klimatischen Wandel anpassen. Solche hochwertigen, sprich artenreichen Biodiversitätsdächer mit heimischen Wildpflanzen sind sehr wichtig für den Artenschutz im Siedlungsraum. Sie dienen zusammen mit weiteren naturnahen Grünflächen auf Bodenniveau als wichtige Biotop-Trittsteine vor allem für Insekten und Vögel.“
Erfordert eine Dachbegrünung einen großen Pflegeaufwand? Laut Dr. Witt ist eine Dachbegrünung mit heimischen Wildpflanzen so etwas wie ein „Selbstläufer“. Abgesehen vom Start der Begrünung mit einer dreimonatigen Entwicklungszeit, in der in trockenen Jahren ein wenig gewässert werden muss, kann die Begrünung anschließend mehr oder weniger sich selbst überlassen werden. Lediglich einmal im Jahr - in den Monaten Februar bis März – wird auf dem Dach gemäht und das Mähgut abgeräumt. Im Herbst bleiben die Pflanzen einfach stehen und bieten in den folgenden Monaten beispielsweise Vögeln Nahrung.
Welches sind wichtige Vorteile einer Dachbegrünung und wie wirkt sie sich auf die Bausubstanz aus? Dr. Witt stellt heraus, dass grüne Dächer wirkungsvoll helfen, Gebäude kontinuierlich an sich wandelnde Klimabedingungen anzupassen und zu schützen. Beispielsweise werden die Wirkungen extremer Temperaturen ganzjährig abgemildert. Begrünte Flachdächer vermeiden durch Verschattungskühlung Infrarot- und UV- Strahlungsextreme. Auf diese Weise werden Baumaterialien vor mechanischer Überbeanspruchung und vorzeitiger chemischer Alterung geschützt. Im Fall starker Regenfälle können die bepflanzten Dächer Wassermassen bis zu 50 Prozent zurückhalten. Substrat und Bewuchs speichern Regenwasser und bewirken eine reduzierte und zeitversetzte Kanaleinleitung.
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