Wie kam es dazu, dass Priva zu einer offenbar „festen Größe“ im Gebäudeautomations Markt wurde?
Priva: Die Vorgeschichte der Erfolgsformel aus fünf Elementen
Auch wenn Priva mit seinen direkten Vertriebsmaßnahmen im deutschen und österreichischen Markt erst in den 90er Jahren begann, blickte das niederländische Mutterunternehmen zu diesem Zeitpunkt bereits auf eine 40-jährige Historie zurück, in der es sich in internationalen Märkten etablieren konnte. - Im Laufe der Firmengeschichte hatten die Unternehmensgründer Cor van der Valk und Jan Prins zusammen mit ihren Mitarbeitern wichtige Elemente einer „Erfolgsformel“ entwickeln können, die auch in Deutschland funktionierte:
Das erste Element dieser Formel ist die Auswahl eines interessanten Anwendungsfeldes. Geholfen hatte dabei der Umstand, dass van der Valk und Prins sich im Jahr 1956 mit dem Betrieb von Gewächshäusern beschäftigten. Noch bevor sie ihre erste gemeinsame Firma gründeten, lösten sie damals ein Problem der Klimatisierung von Gebäuden – zunächst von Treibhäusern.
Das kam so: Als harte Winter das Überleben von Pflanzenkulturen gefährdeten, erwarben sie die Exklusivrechte für den Vertrieb von ölbetriebenen „Kanonenöfen“, die zur Beheizung von Gewächshäusern besonders geeignet waren. Es zeigte sich, dass diese Öfen nicht nur dadurch ein gutes Wachstumsklima schafften, indem sie für Wärme sorgten. Denn das durch die Öfen emittierte CO2 tat ein Übriges, um Pflanzen gedeihen zu lassen.
Als van der Valk und Prins begannen, die Technik rund um Wärmeversorgung kombiniert mit Regelung der Raumluft auszubauen und zu perfektionieren, erreichten sie eine Phase kontinuierlichen Kundenwachstums. Deshalb gründeten sie 1959 die Firma Valk & Prins, die ab dem Jahr 1972 unter dem Namen Priva firmierte.
Im Laufe der Jahrzehnte konnte sich diese Firma Priva zur weltweiten Nummer 1 im Bereich der Klimatisierung von Gewächshäusern entwickeln. Die Firmengründer hatten es offenbar verstanden, durch kreative Gestaltung von Technik effektiv und für Kunden überzeugend ein „Klima für Wachstum“ zu schaffen. Innovativer Umgang mit vorhandener Technologie, die systematisch verbessert und anwendbar gemacht wird, ist das zweite wichtige Element der Priva-Erfolgsformel.
Stichwort des dritten Elements der Erfolgsformel ist „Digitalisierung“: In den 70er Jahren wurde bei Priva die Entscheidung getroffen, die bis dahin analoge Gewächshausregulierung zu digitalisieren. Bereits im Jahr 1977 konnte dem Publikum auf einer Fachmesse in Utrecht der erste - übrigens einfach bedienbare - Gartenbaurechner präsentiert werden.
Zum vierten Erfolgs-Element kam Priva durch einen Anstoß von außen. Vertreter des Messe- und Kongresszentrums der Stadt Amsterdam – RAI Amsterdam – kamen auf das Unternehmen zu, weil sie wissen wollten, ob die Priva-Technologie in ihren Messegebäuden anwendbar war. Bereits im Jahr 1982 wurde ein erstes Projekt realisiert – Priva war also in die Automation von Gewerbeimmobilien eingestiegen. Konsequenz: 1983 wurde die Priva Computer Systems Division gegründet, um Entwicklung, Vertrieb, Projektabwicklung und Service für die Gebäudeautomation zu organisieren.
Das nächste, fünfte Element der Priva-Erfolgsformel war schließlich der Mechanismus, der sich als Sprungbrett in die internationalen Märkte für Gebäudeautomation erwies. In den 80er Jahren betätigte sich Priva zunächst sowohl als Hersteller als auch als ausführendes Unternehmen bei Gebäudeautomations-Projekten. Im Jahr 1992 erfolgte der Entschluss, eine zweiteilige Strategie zu nutzen, die in den nächsten Jahren umgesetzt wurde. Erstens verzichtete Priva ab jetzt auf eigene Projektausführung und konzentrierte sich stattdessen auf Entwicklung und Herstellung von Soft- und Hardware-Komponenten. Zweitens startete der Aufbau und ständige Ausbau eines internationalen Netzwerks kompetenter Partnerunternehmen, die mit Service und Schulung unterstützt werden, um Priva-Lösungen optimal bei Gebäudeautomations-Projekten einzusetzen.
Gründung von Priva-Deutschland: Erfolgsmodell im Gepäck
Soweit die Vorgeschichte der Gründung von Priva Deutschland im Jahre 1996 in Hannover. – Von Anfang an war klar: Die ersten Priva-Mitarbeiter hatten ein umfangreiches Erfolgsmodell im Gepäck. Nun kam es darauf an, dieses Modell auf die deutschen Verhältnisse anzuwenden.
Hierzu wurden 1996 ein deutscher Vertriebsmitarbeiter und der Niederländer Gelf de Reus als „Männer der ersten Stunde“ eingesetzt.
Die Akquisition der ersten Priva-Partner Unternehmen begann.
Eine wichtige Rolle übernahm dabei Gelf de Reus, der auf der Basis seines vielfältigen technischen Wissens und seiner Erfahrung aus niederländischen Priva-Gebäudeautomations-Projekten den Know-how-Austausch mit den Kollegen in der holländischen Zentrale sicherstellen konnte.
Auf der Basis der Vertriebsmaßnahmen und des schnell verfügbaren technischen Know-hows gelang es nach kurzer Zeit, ein Netzwerk mit Partnerunternehmen aufzubauen und eine Vielzahl von Projekten mit Priva-Lösungen auszustatten.
Schon im Jahr 2001 konnten die erfolgreichen Vertriebsaktivitäten in die Schweiz und nach Österreich ausgedehnt werden.
Interview mit „Mann der ersten Stunde“
Anlässlich des diesjährigen Jubiläums bot es sich an, einen der „Männer der ersten Stunde“ zu interviewen: Wir sprachen mit Gelf de Reus, der die Entwicklung von Priva Deutschland die letzten 25 Jahre über als deren heute dienstältester Mitarbeiter begleitete.
Gelf de Reus ist seit 1991 bei Priva beschäftigt. Vor seinem „Deutschlandeinsatz“ war er in den Niederlanden im Projektgeschäft als Projektleiter für die Umsetzung von Priva-Lösungen bei Gebäudeautomations-Aufträgen tätig. 1995 wurde er auf eine interne Stellenausschreibung aufmerksam und bewarb sich für das in Deutschland neu zu gründende Büro. Ihn reizte die Aussicht, im Ausland tätig zu werden, und scheute nicht davor zurück, in einem Crash-Kurs im Januar 1996 so weit Deutsch zu lernen, dass er sich von Anbeginn an im Alltagsleben zurechtfinden konnte. Und schon im Mai 1996 begann seine Tätigkeit im ersten deutschen Vertriebsbüro in Magdeburg.
Herr de Reus – im Rückblick: Mit welchen Zielen und Erwartungen wurden die ersten Priva-Büros in Deutschland eröffnet?
„Wir hatten als Ziel, zunächst einfach erste Partner zu finden. Bestimmte Umsatzziele oder Vorgaben zur Anzahl zu akquirierender Priva-Partner gab es nicht. Wir sollten Markt-Kenntnisse aufbauen.“
Wie sind Sie dabei vorgegangen?
„Wir haben Partner gesucht und tatsächlich gefunden. Danach unterstützten wir diese Unternehmen bei ihren Projekten in der Angebotsphase, bei der Auslegung der Automations-Lösung und schließlich bei der Realisierung. – Unser Ansatz war, die Partner soweit ‚schlau‘ zu machen, dass sie schon nach kurzer Zeit mit den Priva-Lösungen selbständig arbeiten konnten.“
Wie war das ausgerechnet als niederländisches Technologie-Unternehmen im Ingenieur-Land Deutschland zu starten? Gab es möglicherweise Vorurteile?
„Nein! – Es gab keine Vorurteile. Im Gegenteil! Unsere Partner fanden unsere Produkte, Software und Arbeitsweise von Anfang an innovativ.“
Was waren die Highlights im Laufe der Zeit, die Partner besonders überzeugten?
„Mit der Priva Compri HX-Baureihe hatten wir uns zunächst schon gut entwickeln können. Und mit der Priva Blue ID-Baureihe wurden Netzwerk-Technologie und BACnet-Kommunikation in die Automations-Lösung integriert. – Das Highlight, das besonders überzeugte, war und ist unser Priva Top Control. Damit bekamen unsere Partner ein Werkzeug zum Auslegen, zum Programmieren, eine umfangreiche Geräte-Bibliothek und gleichzeitig die Dokumentation der Anlage. Bei Projekten können so zeitintensive Arbeitsschritte eingespart werden.“
Mit Blick auf Top Control: Welche Konkurrenzprodukte konnte der Wettbewerb damals anbieten?
„Damals war unsere Lösung eine Neuheit. Inzwischen bieten Konkurrenten im Markt Ähnliches an und scheinen sich Dinge bei uns abgeschaut zu haben. Aus meiner Sicht hat sich die Branche aber grundsätzlich über die Jahre verändert. Das Produktangebot ist unabhängig von den individuellen Anbietern global geworden. Die im Markt angebotenen Konkurrenzangebote gleichen sich in ihren Funktionalitäten immer stärker an.“
Kann sich Priva angesichts dieser Entwicklung weiter als innovativer Anbieter profilieren?
„Ja – ich denke schon: Heute verlagert sich die Automations-Lösung in die Cloud. Hier arbeiten wir auf der Microsoft Cloud-Computing-Plattform Azure. Im Augenblick haben wir damit in der Branche einen gewissen Vorsprung. Zwar gibt es auch Konkurrenz, die Cloud-Lösungen anbietet. Doch wir unterscheiden uns dadurch, dass wir auch bei dieser neuen Technologie unserer Bedien-Philosophie treu geblieben sind: Selbst in der Cloud müssen unsere Partner nach der Auslegung der Automations-Lösung mit TC Engineer nichts kompliziert neu konfigurieren. Der Einarbeitungs-Aufwand für Anwender ist wie gewohnt minimal und die Lernkurve auch im Zeitalter der umfassenden Digitalisierung flach.“
Das Geschäft im deutschen Markt basiert auf dem Priva-Partner-Netzwerk: Wie hat sich die Zusammenarbeit mit den Partner-Unternehmen im Laufe der Zeit entwickelt?
„Angesichts der Dynamik des Marktes haben sich die Partner-Unternehmen individuell sehr unterschiedlich entwickelt. Es hat sich gezeigt, dass die Priva-Lösungen bei denjenigen Partnern am besten funktionieren, die unserem Unternehmen in Arbeitsweise und Philosophie ähneln. Eine Reihe von diesen Partnerunternehmen sind im Laufe der Jahre stark gewachsen und können auf der Basis unserer Lösungen größere und zahlreichere Projekte managen.“
In welchen Branchen konnte Priva-Technik zunächst Fuß fassen? Wie hat sich das im Lauf der Zeit entwickelt? Und welchen Einfluss haben die Standorte der Priva-Partner und der Endkunden? Gibt es regionale Schwerpunkte?
„Von Beginn an nutzten unsere deutschen Partner Priva-Lösungen in einer großen Bandbreite an Branchen. Es gibt insoweit keine Spezialisierung. Priva läuft in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen genauso wie in Heizkraftwerken und natürlich auch in Schulen.
Auch mit Blick auf die Auswahl von Standorten gibt es keine Spezialisierung. Heute sind wir in Deutschland und beinahe jedem Bundesland in Österreich mit Priva-Partnern bei deren Projekten mit unseren Lösungen vertreten.“
Priva ist in Deutschland also „überall“ vertreten: Wie hat sich angesichts dessen das Image von Priva in der Branche im Lauf der Zeit entwickelt?
„Im Augenblick kommunizieren wir fast ausschließlich mit den Unternehmen in unserem Partner-Netzwerk. Darüber hinaus ist in der Bau-Branche nicht unbedingt bekannt, wo unsere Automations-Lösungen zum Einsatz kommen. Für manches Immobilienunternehmen sind wir dadurch noch so etwas wie ein ‚Geheimtipp‘.“
Das lässt darauf schließen, dass das Markt-Potential von Priva mit zunehmender Bekanntheit zukünftig noch wesentlich erweitert werden kann – oder? – Um unser Gespräch am Ende mit einer Gesamtperspektive abzurunden: Aus Ihrer persönlichen Sicht - wie wird sich Priva in Deutschland bis zum nächsten großen ‚runden‘ Geburtstag in 25 Jahren weiterentwickeln?
„Ich gehe davon aus, dass wir uns in der nächsten Zeit verstärkt mit dem Ausbau unserer Cloud-Lösungen auseinandersetzen und Energiethemen wie Smart Grids in Angriff nehmen. Die Zukunftsherausforderung heißt Klimaneutralität und Bewältigung des Klimawandels. Dafür haben wir bei Priva effektive Lösungen entwickelt: vom Indoor Growing - Lösungen für den Anbau von frischen Nahrungsmitteln im urbanen Umfeld - bis zu Smart Grid-Lösungen für Gewerbe- und Büro-Immobilien. Priva hat sich heute bereits aufgestellt, um die Zukunftsherausforderungen zu meistern. Aber heute sind viele Planer noch zurückhaltend – eine umfassende Digitalisierung kostet mehr als konventionelle Lösungen, und nicht jedes Gebäude braucht so etwas. Doch im Laufe der nächsten 25 Jahre wird das meiner Einschätzung nach bei bis zu 60 – 70 Prozent der Gewerbeimmobilien der Fall sein. Hier liegt unser Zukunftspotential …“
Herr de Reus – Danke für das Gespräch!